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Region Ostwürttemberg. Beim Produktdesign und in der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen spielt Nachhaltigkeit eine zunehmend größere Rolle. Wie Unternehmen kreative Lösungen entwickeln, von der Produktgestaltung bis zum Eventmanagement, war Thema des Kreativforums Ostwürttemberg, das dieses Jahr erstmals als dreiteilige digitale Veranstaltungsreihe angeboten wurde.
„Die Berücksichtigung von ökologischen Kriterien bei der Entwicklung von Produkten und Services kann als Chance begriffen werden, die letztlich auch den Unternehmenserfolg sicherstellt“, so Prof. Matthias Held. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele und Studierendenprojekten veranschaulichte der Gestalter und Professor des Studiengangs Produktgestaltung an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Schwäbisch Gmünd, dass Ecodesign „machbar und lohnend“ ist.
Frei nach der Devise des britischen Produktdesigners Jonathan Ive, der eine Vielzahl von Produkten von Apple maßgeblich gestaltete, gehe es beim Ecodesign nicht darum, „Neues zu schaffen, sondern Besseres.“ Der Ansatz verfolgt dabei drei Strategien: Die Effizienzstrategie mit dem Ziel, die Ressourcenproduktivität zu steigern, sprich mit weniger Input den gleichen oder sogar mehr Output zu erreichen. Bei der Konsistenzstrategie geht es vor allem um den Einsatz regenerativer Energien und Rohstoffe sowie deren Recyclingfähigkeit. Da diese beiden Strategien allerdings alleine nicht ausreichen, um das tägliche Leben und Wirtschaften nachhaltig auszurichten (Stichwort Rebound-Effekt), bedarf es zusätzlich der Suffizienzstrategie. Sie umfasst alternative Formen des Konsums wie z.B. das Sharing-Modell, die längere Nutzung und Reparierbarkeit von Produkten und einen Wertewandel zum qualitativen Wachstum. „Daraus können auch ganz neue, nachhaltige Geschäftsmodelle entstehen“, so Held.
Unternehmerische Best-Practice-Beispiele werden mit dem jährlich verliehenen „Bundespreis Ecodesign“ gewürdigt, in dessen Jury auch Prof. Held Mitglied ist. Diese Auszeichnungen schaffen Anreize, sowohl für andere Unternehmen als auch für die eigenen Mitarbeitenden, die sich mit dem Unternehmen identifizieren.
Ein Praxisbeispiel für nachhaltiges Produktdesign in der Eventbranche präsentierte Vanessa Vanini, Referentin für Nachhaltige Entwicklung an der Hochschule Aalen. Sie erforscht und erprobt die Herstellung eines nachhaltigen Mehrweg-To-Go-Getränkebechers aus Recyclingmaterial. „320.000 Einwegbecher für Heißgetränke fallen stündlich in Deutschland als Abfall an“, erklärt Vanini. „Hier muss ein Umdenken und eine Veränderung stattfinden!“. Da sie keine adäquate Lösung am Markt fand, hat sie beschlossen die Sache selbst in die Hand zu nehmen und begann den Prozess rückwärts zu denken. Nicht das Konsumverhalten des „To-Go-Nutzers“ ändern, sondern das Konsumprodukt Kaffeebecher verbessern, das ist das Ziel der engagierten Wissenschaftlerin. Gute Gründe für ein Umdenken gibt es viele: die Ressourcenschonung, der Umwelt- und Klimaschutz sowie die Gesundheit von Mensch und Tier.
Im Vergleich zu anderen Mehrweg-Anbietern will Vanini den Kreislauf nach Möglichkeit komplett schließen. In der Regel muss nach einer bestimmten Anzahl an Recyclingdurchgängen dem Produkt wieder Frischmaterial zugeführt werden, da sich die Materialeigenschaften mit jedem Durchlauf verändern. Diese Veränderung ist in Bezug auf das Produkt des Bechers jedoch sekundär. Vaninis Becher hingegen soll zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial bestehen.
„Unsere Mission ist es nachhaltige Produkte zu schaffen. Dabei fangen wir mit der Produktion eines individuell anpassbaren Mehrweg-Isolierbechers für Heiß- und Kaltgetränke an, um dann unser Produktportfolio weiter nach Verbraucherbedarf und Kundenwunsch auszubauen. Das Ziel ist, unsere Produkte aus 100 Prozent recyceltem Kunststoff herzustellen, diese mehrfach im Umlauf zu behalten und am Ende des Produktlebenszyklus wiederum zu 100 Prozent einem Recyclingkreislauf zuzuführen. Dabei sollen die Lieferketten sämtlicher benötigter Ressourcen kurz, transparent und rückverfolgbar sein“, beschreibt Vanini das ehrgeizige Vorhaben.
Das sich der Markt für solche innovativen Ideen öffnet, zeigt die Nachfrage nach dem „Ökobecher“, die bereits jetzt schon vorhanden ist. „Es haben schon Kunden angefragt, die das Produkt unbedingt wollen“, freut sich Vanini. Derzeit wird der neue Becher noch auf seine Patentfähigkeit geprüft.
Kreativforum Ostwürttemberg 2021:
Das erstmals digital veranstaltete Kreativforum Ostwürttemberg stand dieses Jahr unter dem Titel „Nachhaltigkeit im Produktdesign – Impulse für kreative Lösungen“. In der dreiteiligen Veranstaltungsreihe lernten die Teilnehmenden, wie Unternehmen kreative Lösungen entwickeln, von der Produktgestaltung bis zum Eventmanagement. Das Format wird im jährlichen Turnus von der regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Region Ostwürttemberg (WiRO) in Kooperation mit der Kontaktstelle Frau und Beruf Ostwürttemberg – Ostalbkreis, der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd und der Wirtschaftsförderung der Stadt Aalen angeboten und von der Medien- und Filmgesellschaft MFG Baden-Württemberg unterstützt. Das Kreativforum richtet sich an alle Akteure der Kultur- und Kreativbranche, regionale Unternehmen aus Industrie und Handwerk, Studierende, Start-Ups sowie interessierte BürgerInnen.